"Weniger werten und mehr wertschätzen führt zum Mehrwert für alle", nennt der Psychiater Prof. Dr. Reinhard Haller als eines von drei seiner Gesetze des "Wunders der Wertschätzung". Was sind die anderen beiden Regeln und warum ist Wertschätzung so wichtig und gesund (nicht nur) für Musiker: innen?
Warum ist Wertschätzung so wichtig - nicht nur für Musiker:innen?
Wertschätzung - den "Wert" "schätzen". Obwohl wir den Begriff Wertschätzung fast immer im sozialen Sinn verwenden (jemanden für etwas schätzen, dankbar sein) erscheint der Begriff gleich viel materieller, sobald man ihn in seine Bestandteile zerlegt betrachtet. Genau wie die Schätzung des Wertes eines Wertgegenstandes (z.B. von Schmuck, Immobilien, Musikinstrumenten, eines "Schatzes" etc.) bildet die Wertschätzung eines Menschen die Basis für dessen Existenzgrundlage - und damit ist nicht die finanzielle Existenz gemeint. Wertschätzung ist ein emotionales Grundbedürfnis, so wie es Nahrung für den Körper ist.
Als Menschen sind wir die intelligentesten, hochentwickeltsten Lebewesen der Erde und doch sind wir vor allem eines: soziale Tiere. Evolutions- und Neurobiologisch gesehen, erkennt man sehr gut an der Entwicklungslinie, dass höher entwickelte, d.h. intelligentere Tiere in der Regel auch sozialer sind. Interessanterweise kommt hier noch ein Zusammenhang dazu: Je intelligenter das Tier, desto grösser ist verhältnismäßig die Großhirnrinde gegenüber den tieferen liegenden, älteren Hirnteilen - bei Menschen ist dieses Verhältnis, der sogenannte Enzephalisationsquotient, besonders groß. Eine Haupttheorie, warum dies so ist, erklärt diese Entwicklung mit der Größe des sozialen Systems. Der Mensch hat - insbesondere in der globalen Welt - nicht nur das größte soziale Netzwerk, sondern auch die komplexesten sozialen Handlungen (Interaktion, Kommunikation) zu bewerkstelligen. Auch die soziale Intelligenz (z.B. Perspektivenübernahme, Empathie usw.) nimmt mit der Gehirngröße zu und ist bei unseren Vorfahren, den Primaten, noch vergleichsweise am besten entwickelt. Aber warum ist das so?
Das soziale System ist das wichtigste Existenzsicherungssystem für uns Menschen. Im Gegensatz zur Leistungsfähigkeit des Gehirns mit Intelligenz und sozialen Fertigkeiten schneiden wir in eigentlich allen anderen, körperlichen Merkmalen schlechter ab als die meisten Tiere: Wir sind weder besonders schnell noch ausdauernd, weder besonders stark noch wendig, sehen in der Nacht denkbar schlecht und einige sehen sogar am Tag nicht viel besser, wir haben keine scharfen Zähne und sind auch sonst nicht besonders gut bewaffnet. Also: unsere Stärke und gleichzeitig leider auch unsere Waffe gegenüber Gegnern sind unsere sozialen Fähigkeiten und die Zugehörigkeit zur eigenen Gruppe. Dies ist der Grund, weshalb Zurückweisung, Ausgrenzung und Mobbing genauso schmerzen wie physische Schmerzen und weshalb mangelnde Wertschätzung psychisch krank machen und im Extremfall zum Suizid führen kann. Echte Wertschätzung ist für Menschen existenziell und unverzichtbar. Jeder von uns wird schon nach kurzem Überlegen feststellen können, das die allermeisten alltäglichen Handlungen getrieben sind von dem ganz und gar natürlich Wunsch, Lob und Anerkennung zu bekommen, dazu zu gehören und wertvoll zu sein. Ohne Wertschätzung fühlen wir uns sehr schnell nicht gesehen und nicht bedeutsam - und dieses Gefühl ist für die Zugehörigkeit zur sozialen Gruppe essentiell.
Weniger werten und mehr wertschätzen führt zum Mehrwert für alle!
"Wert-Schätzung" erleben bedeutet, dass jemand uns mitteilt, dass wir für diese Person und dessen Leben einen Wert haben, dass man unsere Anstrengungen anerkennt, dass wir unverzichtbar sind, dass man uns braucht. Dieses Gefühl gibt uns Sicherheit und Bindung an diese Person und unsere Gruppe. Wertschätzung geben bedeutet, dass wir jemandem mitteilen, dass er oder sie uns wichtig ist, wir ihr dankbar sind und sie in gewisser Weise brauchen. Genau dieser letzte Aspekt ist vermutlich derjenige, der es uns am schwersten macht, andere wertzuschätzen. Denn man hat irrtümlicherweise dabei das Gefühl, man zeige sich selbst als schwach und bedürftig oder unterwerfe sich.
Mangelnde und falsche Wertschätzung
Leistungsgesellschaft und Social Media
Wir leben in unserer westlichen Leistungsgesellschaft in einer Welt des ständigen Vergleichs. Ist ein Kind geboren, geht es für die Eltern zunächst darum, wie gut das Kind die angemessenen Entwicklungsschritte "verglichen" mit der Altersnorm erreicht. Schon bei ersten sozialen Kontakten und sich entwickelnden sozialen Kompetenzen fängt auch das Kleinkind an, Vergleiche herzustellen ("Sie hat mehr Gummibärchen", "Er hat den Roller schon länger gehabt") und diese Prägung nimmt auch mit dem Beginn der Erziehung und Bildung durch andere (Schule, weiterführende Ausbildung) und der Berufstätigkeit eher zu als ab. Noten und Zeugnisse werden nicht nur verwendet, um einer Person Feedback zu geben, sondern sie werden fast immer im Vergleich zu einer Referenzgruppe erstellt. Kurz: "Wertschätzung" bezieht sich in der Gesellschaft fast immer darauf, was jemand "hat" (Besitz) oder "kann" (Fähigkeit), nur nebensächlich oder im privaten auch darauf, wer er oder sie "ist" (Sein).
Heutzutage wird durch die Sozialen Medien Wertschätzung ausserdem durch Algorithmen mitbeeinflusst. Likes für Posts bringen einen Kick an Glückshormonen wie Dopamin und machen dadurch nicht wenige Personen abhängig. Das fatale daran ist jedoch, dass dieses Likes weder besonders spezifisch sind, noch besonders persönlich, oft von Fremden stammen und der Kick nach kurzer Zeit vorbei ist. Nicht zuletzt bestimmt der Algorithmus der Plattform, wie vielen Personen der Beitrag gezeigt wird. Der permanente Vergleich mit anderen Personen, die mehr "Likes" oder Kommentare bekommen, macht den Algorithmus, zum Wächter über die Verteilung von digitaler Wertschätzung und Aufmerksamkeit. Und noch mehr: über die Plattform sehen wir auch, wie viel digitale Wertschätzung andere Konten bekommen, während wir das im realen Leben oft nicht so deutlich mitbekommen.
Selbst-Wertschätzung und Selbstwert-Schätzung
Es ist zutiefst menschlich und in der funktionsweise unseres Gehirns verankert, dass wir Vergleiche anstellen. Schon als Kinder lernen wir auf diese Weise zu unterscheiden, dass rot nicht gleich rosa ist und dass Äpfel nicht dasselbe sind wie Birnen. Fast alles, was wir wahrnehmen, ist zu Beginn der kindlichen Entwicklung unsortiert und wird durch Lernen kognitiv und meist auch sprachlich kategorisiert (sog. Schemata). Kategorien vereinfachen nicht nur die Wahrnehmungsprozesse selbst, in dem das Gehirn später schon bei der Sinnesempfindung die eintreffenden Reize mit vorhandenen Kategorien vergleichen kann (sog. Top Down Prozesse). Kategorien und Schemata vereinfachen und beschleunigen dadurch auch das Treffen von Entscheidungen und Urteilen aufgrund von dieser vorhergegangenen Lernerfahrung.
Die traurige Kehrseite dieser Vergleichsneigung führt leider dazu, dass wir nicht nur aus gesellschaftlichen und beruflichen Gründen von anderen bewertet werden, sondern auch im sozialen Kontext ohne Notwendigkeit Tag ein, Tag aus andere unbewusst bewerten und kategorisieren, von anderen bewertet werden und - dieser Aspekt ist besonders wichtig - auch uns selbst permanent bewerten und vergleichen. Unabhängig vom Beurteiler gibt es dabei drei Möglichkeiten bezüglich eines Aspekts verglichen zu werden oder sich zu vergleichen: mit vermeintlich Unterlegenen, mit vermeintlich Überlegenen oder mit sich selbst (früheres Selbst oder Wunsch-Selbst).
Der Vergleich mit sich selbst ist dabei - wenn es nicht im Sinne von übergroßem Ehrgeiz übertrieben wird und im Idealfall mit angemessenen, erreichbaren Zielen einhergeht - sicher der gesündeste Ansatz. Sein früheres Selbst und seine Zielvorstellung als Vergleich zu nehmen kann das Erleben von Selbstwirksamkeit und Dankbarkeit gegenüber schon erreichten Meilensteinen verstärken und die weitere Motivation fördern. Beide Aspekte sind wichtig für die mentale Gesundheit und Gegenspieler der depressiven Symptomatik, für welche unter anderem Hoffnungslosigkeit, Antriebslosigkeit und das Gefühl, nichts bewirken zu können, Kernsymptome sind.
Wertschätzen kann nur, wer einen hohen Selbstwert hat!
Auch der Vergleich mit Unterlegenen mag auf den ersten Blick positiv erscheinen, merkt man so doch, was man besser kann oder mehr hat als der oder die andere. Doch der Schein trügt, denn ganz genauso wie beim Vergleich mit Überlegenen hinkt der Vergleich mit anderen in der Regel immer. Nach dem kurzfristigen Kick durch Glückshormone ähnlich wie nach einem gewonnenen 100 Meterlauf kommen meist schon nach kurzer Zeit Zweifel auf. Man muss feststellen, dass der Erfolg nicht immer von Dauer ist, zumindest zum Teil auch durch die Umstände (Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein etc.) begünstigt wird, und sich nur auf diesen einen Aspekt bezieht. Nicht zu vergessen, dass durch Erfolg, selbst oder besonders wenn er sehr regelmäßig eintritt, die Erwartungshaltung des Umfelds immer höher wird und eine Atmosphäre von Selbstverständlichkeit herrscht, durch die auch der Druck, mehr und mehr zu leisten oder zu performen immer grösser wird. Gleichzeitig werden die Anstrengungen z.B. für sportliches Training, Arbeitseinsatz oder Üben am Instrument auch nicht mehr besonders gewürdigt. Es wird für selbstverständlich gehalten. Nicht wenige zerbrechen daran, wie das Schicksal diverser "Wunderkinder" zeigt. Fast immer jedoch macht so eine Situation einsam: der Mensch wird hier nicht mehr als Ganzes betrachtet, sondern lediglich auf einer Ebene und nur nach objektivem Erfolg verglichen. Bricht diese Ebene weg oder wird durch einen Misserfolg zerrüttet, ist meist das gesamte psychische System in Gefahr und wird im wahrsten Sinne des Wortes "gekränkt". Wird der gesamte Selbstwert nur auf eine einzige Säule aufgebaut (eine großartige Karriere, eine einzige Leidenschaft, die Erziehung der Kinder, eine "einzigartige"" Partnerschaft mit wenig anderen sozialen Kontakten usw.), ist das Gebäude von Anfang an instabil und bricht zusammen, sobald diese Säule wegbricht. Es kann dann leicht das Gefühl entstehen, es fehle die Existenzgrundlage. Die Folge sind oft Depressionen, Burnout oder psychosomatische Beschwerden.
Richtig Wertschätzen
Obwohl für jeden Menschen Wertschätzung ein grundlegendes Bedürfnis ist, wissen wir selbst meist überhaupt nicht, wie man richtig wertschätzt und tun es paradoxerweise viel zu wenig. Wertschätzung zu geben stärkt dabei nicht nur die anderen, sondern auch einen selbst und wirkt langfristig sogar förderlich für den eigenen Erfolg. Wer anderen Ihren Erfolg gönnt und dankbar und wertschätzend gegenüber seinen Mitmenschen auftritt, wirkt charismatischer und souveräner. Da jeder Mensch ein natürliches Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung hat, kann man durch Wertschätzung - selbst gegenüber Unsympathen oder Konkurrenten - nur gewinnen.
Wertschätzung kommt in der Regel zurück, und zwar fast immer mit Zinsen!
Wie schätzt man seine Mitmenschen nun richtig Wert? Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um Wertschätzung von Kolleg:innen, Freund:innen, Partner:innen, Verwandten, Fremden oder Konkurrent:innen handelt. Hier sind die wichtigsten Regeln, mit denen vermutlich die meisten intuitiv resonieren können:
Bedeutsam Loben:
Ein Lob für etwas, das einem nichts bedeutet, oder etwas, in das man kaum Arbeit gesteckt hat, ist nur halb so viel Wert, wie Anerkennung für etwas, das einem viel bedeutet, oder in das man viel investiert hat. Dazu muss man sich natürlich erst einmal in die andere Person hineinversetzen. Individuelles Lob kommt ausserdem auch viel besser und bedeutsamer an, denn die meisten bekommen Komplimente immer für die selben Sachen. Ein seltenes Lob das man nicht jeden Tag bekommt, zeugt von besonderer Aufmerksamkeit.
Spezifisch Loben:
Zusätzlich sollte man immer konkrete Aspekte Loben, denn das wirkt authentischer. Niemand macht alles perfekt und das wissen die meisten sehr gut. Ein spezifisches Kompliment ist viel bedeutsamer als ein allgemeines "Super" oder "Bravo". Ein "Like" unter einen Post setzen kann jeder und ist das Minimum von Aufmerksamkeit und "Gesehen werden". Persönliche, spezifische Wertschätzung bedeutet dagegen meist viel mehr.
Zur richtigen Zeit loben:
Ein allgemeines Lob zum Jahresgespräch oder ein Wertschätzung für etwas ausdrücken, das schon Monate her ist, ist gut gemeint und besser als gar kein Lob. Aber es kann niemals die gleiche Wirkung haben, wie auf eine aktuelle Situation bezogenes Lob.
Ohne Hintergedanken loben:
Als Kolleg:in, Chef:in, Partner:in oder Freund:in zu loben, weil man damit etwas erreichen will (z.B. Motivation stärken, den anderen zum Ja-Sagen zu überreden, um Zeit, Hilfe oder Aufmerksamkeit bekommen) ist kein wertschätzendes Lob, sondern wirkt emotional manipulativ. Niemand braucht sich hier Illusionen machen, dass der oder die andere das nicht bemerken wird.
Persönlich loben:
Natürlich verdient jeder Mensch generell gleich viel Wertschätzung. Trotzdem gibt es Situationen, in denen Wertschätzung viel wichtiger ist als in anderen. Kaum einem wird es wohl sehr viel bedeuten, wenn eine unbekannte Person in einem Konzertsaal "Bravo" ruft. Viel mehr kann dagegen der Konzertbesuch eines oder einer engen Freund:in, des oder der Lehrerin oder anderer naher Bezugspersonen bedeuten. Auch ist diese persönliche echte Wertschätzung viel essentieller als ein "Like" auf Social Media. Ist man eine solche Bezugsperson, gilt es auch, besonders auf die anderen Punkte guter Wertschätzung zu achten.
Viel aber nicht zu viel loben:
"Nicht kritisiert ist gelobt genug" ist sicher nicht die richtige Variante und oft überbringen wir im Alltag eher zu wenig Wertschätzung. Aber alles und jede Kleinigkeit unreflektiert zu loben wirkt sich nicht nur bei Kindern ungünstig auf die Ausbildung eines stabilen Selbstbildes mit Stärken und Schwächen aus, sondern kann auch bei Erwachsenen schlecht ankommen. Zu viel oder übertriebenes Lob wirkt unauthentisch und kann sogar den gegenteiligen Effekt haben. Es wirkt oft indifferent ganz nach dem Motto: ich lobe einfach alles generell, weil eigentlich ist gar nichts wirklich gut, was ich erlebe oder es interessiert mich gar nicht so genau. Wenn man sich selbst gut einschätzen kann, merkt man außerdem doch recht schnell, ob gerade eher Lob oder Kritik angebracht ist.
Auch Kritik kann wertschätzend sein:
Wohlwollende und gut formulierte Kritik, mit gut gemeinten Ratschlägen (zumindest wenn man darum bittet), ist oft wertschätzender als ein generelles "das ist alles super" oder "du machst das toll" aus Angst vor schlechter Stimmung. Mit wertschätzender Kritik vermittelt man ebenso soziale Bindung und Interesse wie mit Lob, denn sie zeigt, dass man sich wirklich für die Weiterentwicklung und die Probleme/Themen des/der anderen interessiert und die Person dabei unterstützen will. Solche wertschätzende Kritik sollte natürlich am besten in einem persönlichen, geschützten Raum, z.B. in einem 1:1 Gespräch stattfinden, auch Positives und Motivierendes enthalten und nicht direkt im Anschluss an ein kritisches Erlebnis, wie z.B. ein missglücktes Konzert, stattfinden.
Sich selbst wertschätzen:
Sich selbst wie den besten Freund oder die beste Freundin zu behandeln sowie wohlwollend und wertschätzend gegenüber sich selbst zu sprechen, ist die Grundlage für einen gesunden Selbstwert. Es geht dabei nicht um übertriebenes "Ich bin der Größte" oder "Ich bin die Beste", sondern um ein empathisches Umgehen mit den eigenen Stärken und Schwächen. Meist sind wir uns selbst der größte Kritiker, die größte Kritikerin. Es zeigt sich aber, dass Menschen, die überdurchschnittlich kritisch gegenüber sich selbst sind, auch sehr kritisch gegenüber anderen sind, und diese eher kritisieren, be- und entwerten, statt wertzuschätzen.
Auch Konkurrenten wertschätzen:
Wer die eigene (zu) kritische Stimme gegen sich selbst wendet, wendet sie ebenso oder noch kritischer gegen außen - oft unbewusst, um sich damit vermeintlich besser zu fühlen. Das Gegenteil ist leider der Fall, denn oftmals verunsichert es den Selbstwert nur noch weiter, wenn andere Menschen die Kritik nicht teilen oder man insgeheim merkt, dass Neid dahinter steht. Authentische Anerkennung der Leistung anderer - auch von Konkurrenten - verbessert nicht nur die Beziehung zu diesen, sondern sie hilft auch, eigene Stärken und Schwächen sowie die der anderen reflektiert einzuordnen. Die Stärken anderer anzuerkennen kann sehr entwaffnend und souverän wirken und vermittelt ein Gefühl von Gelassenheit: Man weiß, was man selbst zu bieten hat und hat es gar nicht nötig, auf die Schwächen anderer hinzuweisen.
Dankbar sein und Dankbarkeit vermitteln:
Oft konzentrieren wir uns nur auf das, was wir (noch) nicht haben, oder was besser laufen könnte. Sich bewusst zu machen, welche Schätze man im Leben hat, welches Glück oder welche Zufälle einem zugespielt wurden, oder welche Personen einen persönlich schon unterstützt haben oder es nach wie vor tun, ist eine Form von Dankbarkeit. Dies hilft, wertschätzender mit sich selbst und seinen Mitmenschen umzugehen und auch kleiner Fehler anderer zu verzeihen. Im Gegensatz führt ein ständiger Fokus auf die eigene Benachteiligung oder Verluste häufig zu Verbitterung.
Zeit & Aufmerksamkeit schenken:
Ein wunderbares, nonverbales Zeichen von Wertschätzung ist das Schenken von Zeit. Sich Zeit zu nehmen - für ein Telefonat, ein Treffen, eine gemeinsame Pause oder ein ehrliches Gespräch - vermittelt dem anderen, dass er oder sie es Wert ist, diese Zeit aufzubringen. Mangelnde Zeit, ständig andere Prioritäten und Unaufmerksamkeit bei gemeinsamen Treffen erzeugen das Gegenteil.
Sind Katzen undankbar?
Am liebsten würde ich auf diese Frage sofort "Ja" antworten - und das geht wohl den meisten Katzenbesitzern so. Katzen sind bekanntlich sehr eigenständig und behandeln ihre Menschen eher wie ihr Personal. Smilla ist auch so, deshalb nenne ich sie manchmal auch "meine Königin" wenn sie mal wieder mit erhobenem Schwanz majestätisch aufgerichtetem Kopf und bestimmendem Blick vom Balkon hereinstolziert kommt und nur mit ihrer Schulter andeutet, wohin es gehen soll: "in die Küche, Futter bitte, aber das Richtige! Ach und warte, jetzt will ich wieder raus, aber lieber durchs Schlafzimmerfenster. Streicheln, vielleicht später, gerade nicht in Stimmung (wobei das wohl eher ein typisch weibliches Verhalten bei allen Säugetieren ist)." Bei Hunden ist das meist umgekehrt, sie tun alles für Ihre Besitzer. Smilla ist glücklicherweise ein bisschen was von beidem. Schon von Weitem hört sie mich an meinen Schritten nach Hause kommen, galoppiert mir laut maunzend entgegen und erzählt mir beim reinkommen, wie ihr Tag war. Und wenn sie nicht genug Aufmerksamkeit bekommt, kommt sie zu meinem Schreibtisch oder zur Couch, schaut mich an und beschwert sich. Doch indem sie sich schnurrend zu Füssen legt zeigt sie durchaus auch mal Dankbarkeit :-).
Quellen & Weiterführende Links
ARD Mediathek: Prof. Dr. Reinhard Haller - Das Wunder der Wertschätzung
Dunbar, R. I. (1998). The social brain hypothesis. Evolutionary Anthropology: Issues, News, and Reviews: Issues, News, and Reviews, 6(5), 178-190.
Goldstein, E. B., & Ritter, M. (2002). Wahrnehmungspsychologie (Vol. 2). Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag.
Haller, R. (2019). Das Wunder der Wertschätzung: Wie wir andere stark machen und dabei selbst stärker werden. Gräfe und Unzer.
Nuerk, H. C., Konrad, K., & Willmes, K. (2007). Kognitive Entwicklungsneuropsychologie. L. Kaufmann (Ed.). Göttingen: Hogrefe.
Wlodarek, E. (2019). Die Kraft der Wertschätzung: Sich selbst und anderen positiv begegnen. Deutscher Taschenbuch Verlag.
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